Geschichte des Landes und der Schützen
Unser Heimatland Tirol war ein seltsames Land. Es war im
politischen Sinn, und ist es zum Teil noch heute, einmalig in der
Welt. Graf Albert von Tirol hatte nur Töchter und keinen Sohn, er
brachte aber die Bischöfe von Trient und Chur dazu, daß sie ihre
Unterschrift zum Erbrecht der Töchter Alberts gaben. Albert wußte
sich auch zu helfen, als der Kaiser den Bischöfen die weltliche
Gewalt nahm. Er bekam auch vom kinderlosen Herzog Otto II die
Unterschrift für das Erbe seiner Töchter. Diese hat er mit den
starken Grafen von Görz und Andechs vermählt. Herzog Otto II starb
1248, da war die Geburtsstunde unseres Tirols. Albert und seine
Töchter erbten. Herzog Otto II war der Gemahl von Alberts Tochter
Elisabeth, so hat auch Tirol statt durch Krieg durch Heirat Land
gewonnen.
Hier gab es niemals leibeigene Bauern, dafür die freie Erbleihe und
die Selbstverwaltung in den Gemeinden. Graf Meinhard II. schuf im
Jahre 1289 eine gewählte Ständevertretung, die als Vertretung der
Bevölkerung an allen wichtigen Regierungshandlungen teilnahm. In
ihr, und das ist sensationell, waren neben der Geistlichkeit und
dem Adel auch die Bürger und Bauern vertreten. Dazu kam noch eines,
es herrschte Waffenfreiheit. Aus jedem Recht erwächst auch eine
Pflicht. Für die Selbstverwaltung in den Gemeinden, die politische
Mitbestimmung und die Waffenfreiheit übernahm die Bevölkerung die
Pflicht, Heimat und Land zu schützen und zu verteidigen. Die
Landesverteidigung wurde von Bauern, Bürgern, Adel und
Geistlichkeit gemeinsam getragen. Die Landeshauptstadt war von ca.
1250 bis 1420 Meran. Das Haupt- und Stammschloß in der Nähe von
Meran, Schloß Tirol, gibt dem Land seinen Namen.
Im Jahr 1323 legte der Landtag in der ältesten deutschen
ständischen Verfassung die Landesverteidigung so fest, daß im
Notfall alle wehrhaften (tauglichen) Männer aufgeboten werden
konnten. Herzog Friedrich IV., genannt "Friedl mit der leeren
Tasche", schuf 1416 eine neue Wehrverfassung für Tirol, durch die
der Adel seine Vorherrschaft verlor. Das Hauptgewicht trugen die
Bürger und Bauern. Das Wesentlichste daran aber war, daß die
Tiroler nur zur Verteidigung ihres eigenen Landes aufgeboten werden
konnten. 1363 wurde Tirol mit Österreich vereint. Landesfürstin
Margarethe Maultasch übertrug die gefürstete Grafschaft Tirol an
die Habsburger.
Entscheidend im verfassungsrechtlichen Sinne wurden dann jene als
"Landlibell" bezeichneten Bestimmungen, die Kaiser Maximilian I.
gemeinsam mit dem Tiroler Landtag 1511 erließ. Sein Grabesdenkmal
ist in der Innsbrucker Hofkirche (Schwarzmanderkirche), er wurde
aber in der "Burg" in Wiener Neustadt begraben. Je nach Bedrohung
sollte das Aufgebot 5.000, 10.000, 15.000 oder 20.000 Mann im Alter
von 25 bis 50 Jahren betragen. Zusätzlich wurden bei besonders
drohender Gefahr bis zum Eintreffen des Zuzuges alle Wehrfähigen
ohne Altersgrenze zur Landesverteidigung verpflichtet. Man nannte
dies "das letzte Aufgebot". Ausrüstung, Waffen und technisches
Personal kam vom Landesfürsten. Er durfte jedoch keinen Krieg ohne
Zustimmung des Tiroler Landtages beginnen. Im Falle eines
plötzlichen, überraschenden Feindeinfalles wurde durch Läuten der
Kirchenglocken und durch Bergfeuer die Landesnot bekanntgegeben und
das letzte Aufgebot, der Landsturm aufgerufen. Daran hatten sich
alle wehrfähigen Männer jeden Alters zu beteiligen.
Die sich ändernde Kriegstechnik veranlaßte Erzherzog Maximilian
1605 zu einer Reform, die sich im Dreißigjährigen Krieg bewährte.
Schon sehr früh gab es Veranstaltungen wehrfähiger Männer zum
Zwecke der Schießausbildung. Spätestens seit 1400 nannte man die
mit der Armbrust bewaffneten Leute "Schützen". Unter Kaiser
Maximilian I., der das Schützenwesen sehr förderte, gab es bereits
viele Schießplätze, und mit der Verbesserung der Feuergewehre
mehrten sich diese Einrichtungen. Aus diesen Schützengesellschaften
entwickelten sich dann seit ca. 1600 neben der aufgebotsmäßigen
Landmiliz die örtlichen Stand- und Scharfschützenkompanien, die
dann auch die eigentlichen Träger der Tiroler Landesverteidigung
geworden sind. In der Zuzugsordnung Kaiser Leopolds I. von 1704
faßte man zum ersten Mal die sich 1703 so bewährten Scheiben- und
Scharfschützen zu einem 16 Kompanien starken Regiment zusammen.
Auch eine eigene "Ordnung für gesamte Schießstände in Tyrol"
(damals mit y geschrieben) wurde 1738 erlassen. Die
Landesherrschaft wußte, wie sehr im Gebirgskrieg die gut zielenden
Einzelschützen dem auf Salvenfeuer gedrillten Militär überlegen
waren. Immer wieder konnten Tiroler Schützen ihre Kampfkraft,
bedingt durch ihren Mut, ihre Heimatliebe, den guten Zusammenhalt
und ihre Treffsicherheit unter Beweis stellen. Mit welchem Geschick
diese Bauernkompanien unter dem Kommando ihrer selbstgewählten
Offiziere das Land zu verteidigen vermochten, bewiesen sie erstmals
im Spanischen Erbfolgekrieg 1703, im sogenannten "Bairischen
Rummel", als sie die mit Frankreich verbündeten bayrischen Truppen
an den Talengen erwarteten und sie dort durch Steinlawinen und
durch den Beschuß von seiten der wohlgeübten Scharfschützen fast
restlos aufrieben, wie z.B. bei der Pontlatzer Brücke im obersten
Inntal.
Ein gleiches widerfuhr den französisch - bayrischen Truppen und
ihren Verbündeten 1796 / 97 und vor allem 1809, als dieses
zahlenmäßig schwache Bergvolk imstande war, die militärischen Pläne
Napoleons und seines Marschalls Lefebre monatelang zu verzögern.
Die Schlachten am Berg Isel, bei Spinges und in der seither so
benannten "Sachsenklemme" nördlich von Brixen sind heute noch
lebendig in der Erinnerung eines jeden Tirolers, wobei hier neben
dem Oberkommandanten Andreas HOFER ganz besonders auf Josef
SPECKBACHER, Pater HASPINGER und Sekretär KAJETHAN SWETH verwiesen
werden muß. Sie sind auch auf dem bekannten Bild "Der Kriegsrat"
abgebildet. Sie haben sich damals als hervorragende Befehlshaber
erwiesen. Andreas HOFER wurde am 20.02.1810 in Mantua erschossen.
1823 gruben Offiziere des I. Kaiserjägerbataillons die Gebeine
Andreas Hofers in Mantua aus und überführten sie nach Innsbruck, wo
er heute in der Hofkirche (Schwarzmanderkirche) begraben ist.
Weitere berühmte Freiheitskämpfer waren: Philipp von Wörndle, Peter
Mayr, Rupert Wintersteller, Josef Eisenstecken, Josef Ignaz Straub,
Georg Bucher, Peter Sigmair, Veit Erler, Anton Reinisch (Senseler),
Katharina Lanz um nur einige zu nennen.
1816 entstand aus den Resten des freiwilligen "Fennerjäger - Korps"
das Tiroler Kaiserjägerregiment als erste stehende Truppe in Tirol.
Doch trotz tiefer Verbundenheit der Kaiserjäger mit Tirol sind sie
nicht die Traditionstruppe der Landesverteidigung. Dieser Rang
kommt den aus den Aufgeboten entstandenen "Landesschützen" zu, die
letztlich direkt auf das Landlibell von 1511 zurückgehen. Erst 1870
wurden sie in das stehende Heer eingegliedert. Der Landtag bestand
aber darauf, daß sie nur ausnahmsweise, wenn Tirol nicht bedroht
war, außerhalb des Landes eingesetzt wurden. Da Tirol 1914 nicht
gefährdet schien, wurden die drei Landesschützenregimente zusammen
mit den Kaiserjägern an die russische Front verlegt. So waren es
denn auch die noch verbliebenen Schützen, die im Mai 1915, nach
Verrat Italiens, als Standschützen an die Tiroler Grenzen zogen und
sie erfolgreich verteidigten, bis die aus Rußland kommenden
Landesschützen (ab 1917 Kaiserschützen) und Kaiserjäger in den
Kampf eingriffen. Sie hielten die Grenzen der Heimat bis zum
3.November 1918. Nur dadurch, daß das österreichische - ungarische
Oberkommando den Befehl, sofort alle Feindseligkeiten einzustellen,
ca. 36 Stunden vor dem italienischen Oberkommando erlassen hatte,
konnten die Italiener nun ohne jede Gegenwehr auf Tiroler Gebiet
vorrücken und kampflos "erobern", was ihnen 3 ½ Jahre lang mit
Waffengewalt nicht möglich war. Gleichzeitig damit fielen auch noch
viele der völlig überraschten und befehlsgemäß heimwärts ziehenden
Truppen in italienische Gefangenschaft.
Dies war das Ende der alten Tiroler Wehrverfassung.
Die Abtrennung des südlichen Teiles des Landes durch das
Friedensdiktat von SAINT GERMAIN 1919 brachte neben dem Ende des
1.Weltkrieges auch das Ende der Jahrhunderte alten historischen -
politischen Einheit des Landes TIROL.
Unter dem Nationalsozialistischen Regime wurde die 1918 begonnene
Aufteilung unseres Landes noch dadurch fortgeführt, daß der beim
österreichischen Bundesland Tirol verbliebene östliche Teil
Südtirols, das ist der Bezirk Lienz, von Tirol abgetrennt und dem
"Reichsgau" Kärnten angegliedert wurde, was dann im Jahre 1947
jedoch wieder rückgängig gemacht worden ist. Das Ende dieses
Regimes brachten dann endlich nach langen sieben Jahren der
Unfreiheit die am Abend des 3. Mai 1945 in Innsbruck
einmarschierenden amerikanischen Truppen.
In Nordtirol wurde das Schützenwesen, durch den Einmarsch Adolf
Hitlers, am 12. März 1938 verboten (im Untergrund aber teilweise
weitergeführt). Doch 1946 bildete sich schon der Oberinntaler
Schützenbund, das Wipp- und Stubaital, die Bataillone Innsbruck
Stadt und Land folgten. Am 20.April 1950 wurde der "Bund der
Tiroler Schützenkompanien" gegründet. In Südtirol wurde das
Schützenwesen von der faschistischen Besatzungsmacht schon 1919
verboten. Obwohl es am 5.September 1946 das Pariser Abkommen vom
italienischen Außenminister Degaspari und vom österreichischen
Außenminister Karl Gruber, der auch einmal Landeshauptmann von
Tirol war, unterzeichnet wurde, kam es erst 1950 wieder zur
Neubelebung. Das Pariser Abkommen war ein Vertrag, der das Recht
auf Sprache, Volkskultur und soziale Gleichstellung den Südtirolern
zusicherte, während in Südtirol die Unterbrechung 40 Jahre dauerte,
in Welschtirol sogar 65 Jahre. Zwischen 1958 - 1959 kam es zur
Gründung des Südtiroler Schützenbundes.
Die über 700jährige Geschichte der Schützen ist eng mit der
Geschichte des Landes Tirol verwebt, so daß es dieses Land ohne die
Schützen wahrscheinlich gar nicht gäbe. Noch heute hält die
Kameradschaft dieser " Verteidigungsmacht" von damals das alte
freie Land im Gebirge zusammen und bezeugt, daß es Heimat
gibt.
Landeshymne: Andreas - Hofer Lied
1. Zu Mantua in Banden der treue Hofer war, zu
Mantua zum Tode führt ihn der Feinde Schar.Es blutete der Brüder
Herz, ganz Deutschland ach in Schmach und Schmerz, mit ihm das Land
Tirol, mit ihm das Land Tirol! Mit ihm das Land Tirol, mit ihm das
Land Tirol!
2. Die Hände auf den Rücken, Andreas Hofer ging
mit ruhigen festen Schritten, ihm schien der Tod gering, der Tod,
den er so manchesmal vom Iselberg geschickt ins Tal, [ : im
heil`gen Land Tirol! : ]
3. Doch als aus Kerkergittern im festen Mantua,
die treuen Waffenbrüder die Händ` er strecken sah, da rief er laut:
Gott sei mit euch, mit dem verrat`nen deutschen Reich! [: Und mit
dem Land Tirol, und mit dem Land Tirol! : ]
4. Dem Tambour will der Wirbel nicht unterm
Schlegel vor, als nun Andreas Hofer schritt durch das Kerkertor.
Andreas noch die Banden frei, dort stand er fest auf der Bastei, [
: der Mann vom Land Tirol, der Mann vom Land Tirol! : ]